Die 11. Kammer des Verwaltungsgerichts Minden hat mit Urteil vom heutigen Tage eine Klage abgewiesen, mit der die Betreiberin der Test- und Präsentationsstrecke „Bilster Berg“ zur Intensivierung des Fahrbetriebs eine Erhöhung der zulässigen Immissions- und Emissionswerte erreichen wollte. 

Die Test- und Präsentationsstrecke liegt in zirka 2 km Entfernung zu einem Pflegeheim, das die Beigeladene zu 2. auf dem Grundstück der Beigeladenen zu 1. betreibt. Das Pflegeheim wurde früher als Krankenhaus betrieben und beherbergt seit Mitte der 70er Jahre Altenwohnungen. Ein im Jahre 1974 errichteter Neubau wurde 1975 als „Altenkrankenheim“ genehmigt. Dort befinden sich heute 76 Pflegeplätze für pflegebedürftige Personen und auch Wohnungen für Senioren.

Nach den für den Betrieb der Test- und Präsentationsstrecke „Bilster Berg“ gültigen Genehmigungen muss an zwei Dauermessstationen ein Wert von 74 bzw. 75 dB(A) eingehalten werden und an dem Immissionsort „IP 12“ - dem von der Beigeladenen zu 2. betriebenen Pflegeheim - ein Immissionsrichtwert von 45 dB(A).

Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Neubau nicht den Schutz einer „Pflegeanstalt“ i.S.d. TA Lärm beanspruchen könne, weil er so nicht genehmigt worden sei, und allenfalls den Schutz von Gebäuden in einem reinen Wohngebiet von 50 dB(A) beanspruchen könne. Sie hat deshalb die Anhebung der Emissionswerte auf 78 bzw. 79 dB(A) und die Änderung des Immissionsrichtwertes für den Immissionsort „IP 12“ auf 50 dB(A) beantragt, was der Beklagte mit Bescheid vom 10.12.2018 abgelehnt hatte.

Die 11. Kammer hat die dagegen erhobene Klage auf Änderung der vorhandenen Genehmigungen abgewiesen. Das Pflegeheim sei eine „Pflegeanstalt“ i.S.d. TA Lärm, es sei als „Altenkrankenheim“ genehmigt worden - was nach heutiger Sprachregelung einem „Pflegeheim“ i.S.d. SGB XI entspreche - und werde auch vorwiegend als solches genutzt. Dass dort auch Personen untergebracht seien, die nicht pflegebedürftig sind, stehe dieser Sichtweise nicht entgegen, weil der Schwerpunkt in der Betreuung und Unterbringung pflegebedürftiger Personen liege. Der Gesetzgeber habe Pflegeanstalten i.S.d. TA Lärm einen besonderen, objektbezogenen Schutzanspruch zugebilligt, der mit 45 dB(A) sogar über den Schutz reiner Wohngebiete (50 dB(A)) hinausgehe. Deshalb komme es nicht auf den Charakter des Gebietes an, in dem sich diese Pflegeanstalt befinde. Dieser Wert sei - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch nicht unter dem Blickwinkel des Gebotes der gegenseitigen Rücksichtnahme auf einen „Zwischenwert“ von 50 dB(A) am Immissionsort „IP 12“ zu erhöhen. Die Pflegeanstalt habe zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung für den „Bilster Berg“ schon bestanden und genieße deshalb Priorität. Die vom Betrieb der Test- und Präsentationsstrecke ausgehenden Motorengeräusche mit einem maximalem Schalleistungspegel von 138 dB(A) seien für die Gegend, in dem sich das Pflegeheim befinde, auch nicht ortsüblich und nicht mit normalen Verkehrsgeräuschen zu vergleichen.

Die Klägerin kann gegen das Urteil einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen, über den das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet.

 (Urteil vom 9. Dezember 2020 - 11 K 80/19 -, noch nicht rechtskräftig)