Die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Minden hat den Klagen von unmittelbaren Anwohnern des Ostwestfalendamms in Bielefeld auf straßenverkehrsbehördliches Einschreiten zum Schutz vor verkehrsbedingten Lärmimmissionen mit drei Urteilen vom 29. April 2020 stattgegeben.

Im Jahr 2017 hatte die Stadt Bielefeld den Antrag der Kläger, eine Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h tags und 80 km/h nachts aus Lärmschutzgründen anzuordnen, zunächst abgelehnt. Nach Aktualisierung der Verkehrslärmberechnung im Rahmen der von den Klägern eingeleiteten Klageverfahren entsprach sie diesem Begehren teilweise und reduzierte die zulässige Höchstgeschwindigkeit im Herbst 2019 auch tagsüber auf 80 km/h. Weitergehende Maßnahmen lehnte sie mit der Begründung ab, die Verkehrsbedeutung des Ostwestfalendamms stehe jeder weiteren Reduzierung entgegen. Die Kläger machen weiterhin geltend, ihre Interessen am Lärmschutz seien nicht ausreichend beachtet worden. Sie begehren die Anordnung weiterer Maßnahmen, beispielsweise eine weitere Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit am Tag und in der Nacht.

Die 2. Kammer hat den auf Neubescheidung ihrer Anträge gerichteten Klagen stattgegeben. Die Entscheidung der Stadt Bielefeld, keine weitergehenden Maßnahmen zur Eindämmung verkehrsbedingter Lärmimmissionen vorzunehmen, sei ermessensfehlerhaft erfolgt. Sie habe daher über den Anspruch der Kläger unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Zum einen habe die Stadt ihrer Entscheidung eine nicht hinreichende Sachverhaltsermittlung zugrunde gelegt. Bei der Berechnung des vom Ostwestfalendamm verursachten Gesamtlärmpegels habe sie die durch LKW hervorgerufenen Lärmimmissionen nicht zutreffend ermittelt. Darüber hinaus sei sie bei der Verkehrsberechnung von einem falschen Dämpfungswert des Straßenbelags ausgegangen.  

Auch der Verweis auf die Verkehrsbedeutung der Straße trage nicht. Die Verkehrsbedeutung komme zwar grundsätzlich als zulässiges Abwägungskriterium in Betracht. Die Stadt habe jedoch nicht hinreichend dargelegt, welche konkreten Auswirkungen weitere Geschwindigkeitsreduzierungen hervorrufen könnten.

Ob die Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 80 km/h tagsüber im Herbst 2019 rechtmäßig erfolgt ist, hat das Gericht nicht entschieden. Das Gericht hat auch nicht entschieden, dass eine weitere Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zwingend erforderlich wäre. Es hat lediglich entschieden, dass die Begründung der Beklagten, von weiteren Maßnahmen abzusehen, rechtlich nicht tragfähig war.

(Verwaltungsgericht Minden, Urteile vom 29. April 2020 - 2 K 7517/17 -, - 2 K 8676/17 - und - 2 K 8678/17 -, nicht rechtskräftig. Gegen die Urteile ist jeweils das Rechtsmittel des Antrags auf Zulassung der Berufung beim OVG NRW gegeben.)