Die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Minden hat unter anderem den Eilantrag eines Fleischbearbeitungsbetriebs im Kreis Gütersloh gegen die Allgemeinverfügung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales (CoronaAVFleischwirtschaft) vom 20. Juli 2020 mit Beschluss vom 24. August 2020 abgelehnt.

Die Antragstellerin betreibt einen Fleischverarbeitungsbetrieb und beschäftigt mehr als 100 Mitarbeiter/innen. Mit der CoronaAVFleischwirtschaft ordnete der Antragsgegner besondere Schutzmaßnahmen zur Vermeidung weiterer Infektionsgeschehen, unter anderem in Fleischverarbeitungsbetrieben mit mehr als 100 Beschäftigten in einem räumlich zusammenhängenden Standort innerhalb des Landes NRW ab dem 1. Juli 2020 an. Die betroffenen Betriebe wurden unter anderem dazu verpflichtet, nur noch Personen in der Produktion einzusetzen, die regelmäßig (mindesteins einmal, unter Umständen auch zweimal pro Woche) auf Kosten des Betriebsinhabers auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 negativ getestet wurden. Darüber hinaus seien die Mitarbeiter über die Hygienemaßnahmen besonders zu belehren und die Namen und Wohn-/Aufenthaltsadressen sämtlicher auf dem Betriebsgelände anwesenden Personen jederzeit mit aktuellem Stand zur Verfügung zu halten und für einen Zeitraum von vier Wochen aufzubewahren.

Die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Mindens hat den dagegen erhobenen Eilantrag abgelehnt. Die CoronaAVFleischwirtschaft sei nicht offensichtlich rechtswidrig. Bei summarischer Prüfung bestünden keine durchgreifenden Bedenken gegen das Vorliegen der Voraussetzungen von § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 Infektionsschutzgesetz - IfSG -. Insbesondere die Ausübung des dem Antragsgegner eingeräumten Ermessensspielraums hinsichtlich Art und Umfang der Bekämpfungsmaßnahmen sei voraussichtlich nicht zu beanstanden. Die Maßnahmen seien verhältnismäßig. So sei die mittelbare Testpflicht ein geeignetes Mittel, eine weitere Verbreitung des Coronavirus zu verhindern, da die damit erreichte Identifizierung von Infizierten ein gezieltes Vorgehen gegen die betroffene Person ermögliche. Dem stehe nicht entgegen, dass die vom Robert-Koch-Institut verfolgte nationale Teststrategie anlasslosen Testungen in der Bevölkerung grundsätzlich kritisch gegenüberstehe. Denn auch bei besonderen Infektionsgefahren - beispielsweise bei lokalen Ausbruchgeschehen - halte das Robert-Koch-Institut derartige Testungen im Einzelfall für möglich. Dieser Grundsatz lasse sich auf die Situation in der Fleischwirtschaft übertragen, da auch hier von einer besonderen infektionsschutzrechtlichen Gefährdungslage durch sog. Superspreading-Events auszugehen sei. Die Maßnahmen seien auch erforderlich. Andere sich aufdrängenden Mittel zur Begegnung dieser Gefahr seien nicht erkennbar. Worauf die erhebliche Verbreitung des Coronavirus innerhalb der (Groß-)Betriebe in der Fleischwirtschaft zurückzuführen sei, sei nach derzeitiger wissenschaftlicher Erkenntnislage unklar. Fehle es an gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen, unter welchen Bedingungen die Gefahr der Verursachung eines erheblichen Verbreitungsgeschehens durch einen Betrieb der Fleischwirtschaft sicher gebannt sei, scheide eine Einzelfallbetrachtung des jeweiligen Betriebe von vorn herein aus. Daher sei insbesondere die von anderen Gerichten teilweise geforderte Einzelfallprüfung kein gleich geeignetes, milderes Mittel.

(Verwaltungsgericht Minden, Beschluss vom 24. August 2020 - 7 L 662//20 -, nicht rechtskräftig. Der Beschluss wird zeitnah bei NRWE veröffentlicht werden.

 

Weitere inhaltsgleiche Beschlüsse sind am 25. August 2020 in den Verfahren 7 L 637/20, 7 L 658/20, 7 L 659/20, 7 L 660/20, 7 L 661/20 und 7 L 663/20 ergangen. Gegen die Beschlüsse ist das Rechtsmittel der Beschwerde zum OVG NRW statthaft. Diese ist in den Verfahren 7 L 658/20, 7 L 659/20, 7 L 661/20 sowie 7 L  662/20 bereits eingelegt.)